Sachsens Demokratie wird weiterhin durch rechte Parteien herausgefordert. Mit der NPD ist seit nunmehr 10 Jahren eine offen rechtsextreme und neonazistische Partei im Sächsischen Landtag vertreten. Die Ereignisse unter anderen in Schneeberg und Leipzig machen deutlich, dass Einstellungsmuster der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit bis weit in die Mitte der Gesellschaft hineinwirken. Umso wichtiger ist daher ein entschlossenes Handeln der demokratischen Kräfte. Neben der NPD gibt es regional verankerte Gruppierungen und Kameradschaften, die nicht den Organisationsgrad der NPD erreichen, jedoch ebenfalls eine lokale Verankerung aufweisen. Dazu gehören unter anderem die so genannten „Pro-Parteien“, das Bündnis Arbeit, Familie, Vaterland und die Sächsische Volkspartei. In jüngerer Zeit ist verstärkt der Versuch zu beobachten, dass gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Gestalt von BürgerInneninitiativen salonfähig gemacht werden sollen. Diese vorgeblichen Bürgerinitiativen wie zum Beispiel „Leipzig steht auf“ oder „Borna wehrt sich“ sind oftmals neonazistische Tarnungen. Rassistische, antisemitische, homophobe und andere menschenfeindliche Einstellungen gehen weit über das Spektrum der extremen Rechten hinaus.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen seit je her für einen engagierten Kampf gegen Einstellungsmuster der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, Neonazismus und Diskriminierung. Unser Ziel ist es, dass die NPD bei der Landtagswahl im August den Sprung über die 5%-Hürde deutlich verfehlt. Die Chance dafür ist da. Die finanziellen und personellen Probleme sowie der offene Streit zwischen Kameradschaften, Freien Kräften und der NPD haben die Partei geschwächt. Wir werden daher im Wahlkampf entschlossen dafür eintreten, dass die NPD nicht wieder in den Landtag kommt und ebenso entschlossen rechtspopulistischer Stimmungsmache entgegentreten.
Die Kommunal- und Europawahl wird ein Stimmungsbarometer für den Erfolg rechter Parteien in Sachsen werden. Erst hier wird klar werden, wie stark die NPD und anderen rechtsextreme Parteien tatsächlich noch vor Ort verankert sind. Wir wollen daher auch bei den Kommunalwahlen zeigen, dass in Sachsens Kommunalparlamenten kein Platz für Nazis ist.
Mit Sorge betrachten wir – gerade im Wahljahr – immer wieder Tendenzen zu einer vermeintlichen Normalisierung im Umgang mit rechtsextremen Parteien. Für uns ist klar, die NPD ist keine normale Partei. Auch wenn sie demokratisch gewählt ist, bleibt ihr Ziel die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie und die massive Einschränkung von Menschenrechten. Die demokratischen Parteien dürfen deshalb nicht den Anschein erwecken, diese Ziele durch eine „Normalisierung“ im Umgang mit der NPD als legitim zu billigen.
Der gemeinsame Konsens der demokratischen Parteien im Umgang mit der NPD ist in den letzten Jahren immer wieder versucht worden, aufzuweichen. Gerade deshalb beziehen wir klar Position gegen eine Akzeptanz der NPD und wehren uns gegen eine Verharmlosung neonazistischen Gedankenguts und dessen Tolerierung im Wahlkampf. Insbesondere unsere Kandidatinnen und Kandidaten vor Ort stellt diese Situation vor die hohen Anforderungen, sich derartigen Normalisierungstendenzen entgegenzustellen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen geben unseren Kandidatinnen und Kandidatinnen, den Vertreterinnen und Vertretern des Landesverbandes und der Kreisverbände sowie der Landtagsfraktion daher folgende Empfehlungen für den Umgang mit rechtsextremen Parteien:
Keine gemeinsamen Podien und anderen Wahlkampfveranstaltungen mit Vertretern der NPD
Wir nehmen an keinen Podien und Wahlkampfveranstaltungen teil, an denen die NPD teilnimmt. Die Verweigerung gemeinsamer Podien ist keine Verweigerung der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der NPD, sondern die angemessene Reaktion auf die menschenverachtende Politik der NPD. Mit einer Teilnahme an solchen Podien und Wahlkampfveranstaltungen würde das ideologische Weltbild der NPD zu einem im Rahmen der politischen Debatten diskutierbaren Politikansatz erhoben und den Wählerinnen und Wählern eine Gleichwertigkeit dieses menschenverachtenden Denkens mit den Programmatiken der demokratischen Parteien suggeriert. Zudem schreckt die Teilnahme von NPD-VertreterInnen vor allem Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagieren oder selbst Opfer rechter Gewalt oder der menschenverachtenden Ideologie der NPD sind, von der Teilnahme an politischen Veranstaltungen ab. Zahlreiche VertreterInnen der NPD sind einschlägig vorbestraft, sei es wegen Körperverletzung, Propagandadelikten, Landfriedensbruch oder anderer Straftaten. Wir stehen an der Seite all derer, welche Opfer des Hasses der NPD sind und dürfen deshalb nicht zulassen, dass diese von der Teilnahme an politischen Veranstaltungen durch die bloße Anwesenheit von NPD-KandidatInnen abgeschreckt werden.
Absprachen mit Kandidatinnen und Kandidaten der demokratischen Parteien suchen
Bei allem inhaltlichen politischen Streit mit unseren demokratischen MitbewerberInnen, suchen wir, wo immer möglich, den Schulterschluss im Umgang mit rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien. Je geschlossener die demokratischen Parteien und deren Kandidatinnen und Kandidaten in dieser Frage auftreten, desto eher gelingt die Isolierung antidemokratischen Gedankenguts im Wahlkampf. Wir streben daher an, im Wahlkampf einen Konsens zum Umgang mit der NPD zu erreichen. In diesem Zusammenhang widersprechen wir einer Gleichsetzung rechtsextremer Parteien mit der LINKEN auf Basis der von der Staatsregierung beförderten Extremismustheorie. Derartige Versuche spalten ein gemeinsames Auftreten der demokratischen Parteien in Sachsen und spielt den Nazis in die Hände.
Nicht hinter vermeintlichen juristischen Zwängen verstecken
Im Bezug auf die Einladung der NPD zu Podien und Wahlkampfveranstaltungen wird häufig mit juristischen Zwängen argumentiert und dem Umstand, dass die NPD im Landtag vertreten sei. Wir wehren uns gegen diesen vorauseilenden Gehorsam. Eine Gleichbehandlungspflicht besteht gegebenenfalls beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dort werden wir den Nazis nicht die Möglichkeit geben, unwidersprochen ihre menschenverachtenden Ideologie zu verbreiten. Kein Verein und keine BürgerInnen-Initiative in Sachsen ist gezwungen, die NPD auf eine Podiumsdiskussion einzuladen. Selbst bei öffentlichen Institutionen gibt es vielfach Möglichkeiten, zum Beispiel durch eine entsprechende Programmgestaltung, Podiumsdiskussionen ohne Nazis durchzuführen. Wir fordern alle Vereine, Verbände, Initiativen und Institutionen auf, sich nicht hinter vermeintlichen juristischen Zwängen zu verstecken, sondern gemeinsam mit dem demokratischen Parteien nach geeigneten Formen des Umgangs zu suchen.
Mit möglichen Bedrohungen durch die NPD oder die so genannte Freie Szene offensiv umgehen
Die Erfahrungen zeigen, dass Bedrohungssituationen durch Angehörige des rechtsextremen Spektrums nicht auszuschließen sind und das Aggressionspotenzial der militanten Rechten in den letzten Jahren gestiegen ist. Wir sind daher solidarisch mit jenen Menschen, die Opfer von Bedrohungen oder Übergriffen durch Neonazis werden. Wir fordern die Kandidatinnen und Kandidaten auf, derartige Vorfälle öffentlich zu machen und zur Anzeige zu bringen.
Das Antreten der Alternative für Deutschland (AfD) zur Landtagswahl stellt uns vor eine weitere Herausforderung. Die AfD ist keine offen rechtsextreme Partei, sie versucht aber, gezielt Wählerinnen und Wähler des rechten Spektrums an sich zu binden. Entsprechend finden sich häufige programmatische Ansätze und Forderungen, die sich im Bereich des Rechtspopulismus und Nationalkonservatismus verorten lassen. Viele Positionen der AfD, insbesondere die aggressiven nationalistischen Töne entsprechen nicht unseren wertegebundenen, an den Menschenrechten orientierten Vorstellungen einer freiheitlichen Demokratie, in der jeder Mensch unabhängig von sozialem Status, Geschlecht oder Herkunft die Möglichkeit zur gleichberechtigten Teilhabe haben soll. Obwohl wir auch Politikansätze der AfD für eine Gefährdung des demokratischen Miteinanders halten, verkennen wir nicht, dass es zwischen der AfD und den offen rechtsextremen Parteien signifikante Unterschiede gibt und die AfD als Partei keine offen neonazistische Organisation ist, sondern vielmehr eine Scharnierfunktion zwischen Nationalkonservativ bis Rechtspopulistisch einnimmt. Wer AfD und NPD gleichsetzt, verharmlost mittelbar den militanten Rechtsextremismus. Wir müssen und werden uns daher der offensiven inhaltlichen Auseinandersetzung mit der AfD stellen und deutlich machen, dass für nationalistischen Populismus zur vermeintlichen Lösung der Euro-Krise und für die Negierung der Gleichheit aller Menschen im Sächsischen Landtag kein Platz sein darf.
Der Landesverband von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützt unsere Kandidatinnen und Kandidaten vor Ort in der inhaltlichen Auseinandersetzung mit allen menschenverachtenden Positionen und demokratiefeindlichen Parteien. Der Landesvorstand wird aufgefordert rechtzeitig vor der „heißen“ Wahlkampfphase entsprechendes Informationsmaterial und Handreichungen für unsere KandidatInnen zum Umgang mit Neonazis, Rechtspopulisten und Ideologien der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit zu entwickeln und entsprechende Informations- und Schulungsveranstaltungen anzubieten, beziehungsweise auf bereits vorhandenes Informationsmaterial von Verbänden und Initiativen zu verweisen.
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