Schule braucht Sozialarbeit!

Schulsozialarbeit ist unverzichtbar

Schule ist nicht nur ein Ort, an dem Lerninhalte vermittelt werden. Sie ist auch ein wichtiger Lebensraum für junge Menschen, der die Möglichkeit bietet soll, sich wohl zu fühlen, unterschiedliche Erfahrungen zu machen und sich zu entwickeln. Schulsozialarbeit ist dabei ein wichtiger Faktor: Sie unterstützt alle Beteiligten im Schulbetrieb, zuallererst die Schüler*innen, aber eben auch für die Lehrerschaft und die Eltern darin, Schule als Lebensraum wahrzunehmen und zu gestalten. Ergänzend zum Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule leistet Schulsozialarbeit insbesondere eine wertvolle Unterstützung bedürftiger Kinder und Jugendlicher und hat positive Auswirkungen auf das Schulleben insgesamt. Mit Blick auf die Entwicklung und Gestaltung der Ganztagsschule kommt der Schulsozialarbeit und Jugendsozialarbeit an Schule zudem eine noch größere Bedeutung zu, da junge Menschen zunehmend den gesamten Tag in der Schule verbringen. Angesichts eines nicht zuletzt mit der steigenden Zahl von Geflüchteten wachsenden Anteils von Schüler*innen mit Migrationshintergrund nimmt Schulsozialarbeit eine wichtiger werdende Rolle bei Integration und Umgang mit Vielfalt ein. Schulsozialarbeit kann dazu beitragen, anti-rassistische Stimmungen abzubauen und eine Willkommenskultur zu schaffen. Gute Schulsozialarbeit kann dazu beitragen, Jugendhilfestrukturen zu entlasten.

Schulsozialarbeit dauerhaft verankern

Trotz der positiven Effekte von Schulsozialarbeit ist bis heute kein bedarfsgerechtes und flächendeckendes Angebot in Sachsen vorhanden. Denn die Einrichtung von Schulsozialarbeiterstellen erfolgt nicht auf Grundlage des vorhandenen Bedarfs, sondern oft nach Kassenlage der Kommunen. Aufgrund der projektbezogenen Finanzierung sind Schulsozialarbeiter*innen in der Regel befristet angestellt. Die Kriterien, nach denen Schulsozialarbeiterstellen eingerichtet werden, sind nicht transparent. Wo es eine stärkere Stellenausstattung und bessere Planbarkeit gibt, ist dies oft auf das zeitlich begrenzte Engagement einzelner in Verwaltung oder Stadtrat zurückzuführen. Auch die materielle Ausstattung mit eigenen Räumlichkeiten, Telefon und Internetzugang ist je nach Kommune oder Schule höchst unterschiedlich. Daran hat auch die zusätzliche Förderung durch den Europäischen Sozialfonds, das Bildungs- und Teilhabepaket und das Programm Chancengerechte Schule nichts geändert. Die schlechten Rahmenbedingungen stehen im Widerspruch zum wachsenden Bedarf an Schulsozialarbeit. Schulen aller Schulformen wollen einen stärkeren Anteil von Schulsozialarbeit. Schulen, die diese Stellen aufweisen, wollen eine längerfristige Unterstützung. Soll Schulsozialarbeit gelingen, braucht es planbare Perspektiven. Kontaktaufnahme und Beziehungsarbeit als wesentliche Bestandteile ihrer Tätigkeit können ohne Nachhaltigkeit nicht gelingen. Deshalb müssen die kurzen Befristungen von Schulsozialarbeiter*innen durch die Schaffung dauerhafter Stellen abgelöst werden. An die Stelle eines Flickenteppichs an Angeboten mit einer Vielzahl an Projekten muss eine verbindliche, bedarfsgerechte und dauerhafte Finanzierung treten, die Vernetzung und Qualität ermöglicht und einfordert. Schulsozialarbeit ist gesetzlich zu verankern. Dazu möchten wir eine Debatte anstoßen, ob Schulsozialarbeit langfristig Teil der Jugendhilfe bleiben soll oder strukturell der Schule zuzuordnen ist.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen fordern:

1. Bedarfsgerechte und berechenbare, langfristige Förderung der Schulsozialarbeit

Wir fordern eine bedarfsgerechte und berechenbare Förderung der Schulsozialarbeit an allen Schularten durch den Freistaat. Der Freistaat soll im Rahmen eines Landesprogramms gewährleisten, dass rechnerisch an jeder der ca. 1.800 allgemein- und berufsbildenden Schulen in freier und öffentlicher Trägerschaft ein Angebot an Schulsozialarbeit vorgehalten werden kann. Der Landesprogramm ist in den nächsten fünf Jahren dementsprechend schrittweise um 15 Mio. jährlich auf 75 Mio. EUR zu erhöhen, um im Ergebnis 1.500 VZÄ zzgl. zu den bereits finanzierten 300 kommunalen Stellen absichern zu können. Eine darüber hinausgehende Verbesserung auf den fachlich notwendigen Schlüssel von 1:150 soll auf Grundlage einer abgestimmten Finanzierungsstrategie mit Bund und Kommunen erfolgen. Schulsozialarbeit stellt eine langfristige Investition dar und vermeidet in der Zukunft deutlich höhrere Folgekosten von Schulabbrüchen und anderen Bildungsdefiziten.

 

2. Bedarf vor Ort berücksichtigen

Mit Blick auf die konkreten Problemlagen der Einzelschulen ist es notwendig, objektive Kriterien zur Bewertung des jeweiligen Bedarfs ebenso zu entwickeln wie geeignete Personalschlüssel. In welchem Umfang Schulsozialarbeit zum Tragen kommt, soll sich am tatsächlichen Bedarf vor Ort orientieren. Auf diese Weise können Schulen mit besonderen sozialen Ausgangslagen vorrangig und mit zusätzlichen Stellen ausgestattet werden. Kurzfristig muss ausgeschlossen werden, dass bisher kommunal finanzierte Stellen durch das Landesprogramm finanziert werden. Mittelfristig ist eine Integration der unterschiedlichen Finanzierungsquellen anzustreben.

 

3. Schulsozialarbeit als Beruf stärken

Schulsozialarbeit verlangt besondere Kompetenzen. Wir wollen vorrangig die Einstellung von Schulsozialarbeiter*innen mit Berufserfahrung fördern. Wir wollen gute Arbeitsbedingungen für Schulsozialarbeiter*innen mit einer berechenbaren Beschäftigungsperspektive. Wir wollen durch langjährig berechenbare Zuschussverträge unbefristete Beschäftigungsverhältnisse ermöglichen. Künftig sollten Teilzeitstellen im Mindestumfang von 30h als auch Vollzeitstellen ermöglicht werden. Nach Möglichkeit soll die Aufteilung auf mehrere entfernt voneinander liegenden Schulen insbesondere im ländlichen Raum vermieden werden. Anzustreben sind Stellen, die auf eine Schule bezogen sind. Die dadurch ermöglichte Präsenzzeit ist wichtig um den "Puls" der Schule mitzubekommen, zuverlässiger Ansprechpartner*in zu sein und um gute Beziehungsarbeit gewährleisten zu können.

 

4. Qualitätsentwicklung vorantreiben

Auf Grundlage einer berechenbaren und bedarfsgerechten Finanzierung wollen wir die Qualitätsentwicklung der Schulsozialarbeit vorantreiben. Je Schulsozialarbeiter*in sollen fünf Weiterbildungstage zur Verfügung stehen. Wir wollen die Netzwerkbildung ebenso fördern wie regionale, schulform- und trägerübergreifende Koordinierungsstellen für Planungs- und Kompetenzentwicklung aufbauen. Mentoring, Fachberatung, Supervision sowie Fort- und Weiterbildung ggf. in Kooperation mit den Universitäten müssen selbstverständliche Bestandteile einer ausfinanzierten Unterstützungsstruktur sein. Wichtig ist dabei auch die Intensivierung der Zusammenarbeit mit Schule, Hort und anderen Kompetenzen (z.B. Schulpsycholog*innen). Träger der Schulsozialarbeit sollen regelmäßig zertifiziert werden.

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