Freiheit, gesellschaftlicher Fortschritt und Rechtsstaatlichkeit galten in den letzten 25 Jahren als Errungenschaf-
ten moderner Demokratien, die nicht mehr aktiv erkämpft oder erbittert verteidigt werden müssten. Doch die
derzeitigen globalen Entwicklungen, aber auch die gesellschaftlichen Verwerfungen in der Bundesrepublik, zei-
gen, dass diese Errungenschaften längst keine Selbstverständlichkeit mehr sind. Weltweit befinden sich mit auto-
ritären, nationalistischen und rassistischen Bewegungen die Feinde unserer offenen Gesellschaft im Aufwind.
Auch in Deutschland ist der Akzeptanzverlust des einst so stabilen politischen Systems unübersehbar.
Sachsen ist in den letzten Jahren zu einem bundesrepublikanischen Symbol jener Entwicklungen geworden. In
Sachsen zeigt sich wie in einem Brennglas, dass eine offene und demokratische Kultur alles andere als
selbstverständlich ist. Dem spürbaren, sich auch in Wahlergebnissen ausdrückenden Rechtsruck versucht die
CDU-geführte sächsische Staatsregierung in ihrer Überforderung mit Anbiederung durch einen überhöhten
Sachsenstolz und dem Schüren von Ängsten entgegenzuwirken. Die Ursachen für diese Entwicklungen in
Sachsen werden dadurch nur verschärft statt behoben. Wir erleben eine gesellschaftliche Spaltung zwischen Arm
und Reich, die zunehmende Ausgrenzung und Stigmatisierung einer wachsenden Gruppe sozial-abgehängter
Menschen, die viele in dem Gefühl der Abstiegsbedrohung verstärkt. Zugleich erleben wir weltweit eine Drift
zwischen wachsenden Städten und einem ländlichen Raum, der an Bevölkerung verliert. In vielen Staaten wächst
bei einem Teil der Bevölkerung das Gefühl von Unübersichtlichkeit in einer sich schnell verändernden Welt,
zunehmender Unsicherheit und sozialer Ungerechtigkeit. Nicht nur, aber auch in Sachsen gehen diese
Entwicklungen mit einem autoritären Politikstil und Identitätsangeboten einher, die "Fremde" oder als "anders"
wahrgenommene ausschließen.
Es ist Zeit für eine neue politische und demokratische Kultur im Freistaat. Viel zu lange wurde der demokratische
Mehrwert einer engagierten, sich einmischenden und kritischen Bürger*innenschaft verkannt.
Zivilgesellschaftliches Engagement wurde über Jahre hinweg nicht nur vernachlässigt, sondern mitunter aktiv
durch die Regierenden bekämpft. Auch wenn dies nicht allein ein sächsischer Sonderweg war, der gewollte
Mangel an bürgerschaftlicher Eigenverantwortung, das Kleinhalten zivilgesellschaftlichen Engagements und die
Haltungslosigkeit der CDU haben Sachsen anfällig für antipluralistische Tendenzen gemacht.
Die jüngeren gesellschaftlichen Verwerfungen werden vor diesem Hintergrund auch nicht allein durch das Lösen
wichtiger aktueller Probleme zu beheben sein. Nachhaltig kann uns dies nur gelingen, wenn wir gerade in
Sachsen einen politisch-kulturellen Neuanfang starten. Die Chance dazu ist da: Auf der ganzen Welt, in Europa
und in Deutschland setzen viele Menschen den antidemokratischen Bewegungen hoffnungsvolle Zeichen einer
politischen Kultur der Offenheit, der Vielfalt und der Teilhabe entgegen. Auch in Sachsen setzen sich viele
Menschen für eine gesellschaftliche Modernisierung ein und wollen Sachsen nicht den Gegner*innen einer
freien und solidarischen Gesellschaft überlassen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen sehen sich als Partnerin
all jener, die für eine offene Gesellschaft eintreten.
Die Landtagswahl im kommenden Jahr wird eine Richtungsentscheidung: Zwischen einerseits einer
nationalistischen Politik der Abschottung, die versucht, die Schwachen der Gesellschaft gegeneinander
auszuspielen und den starken Staat als Lösung aller Probleme sieht und andererseits einer Politik der
gesellschaftlichen Offenheit, die für Minderheiten kämpft und dabei den Wert einer kritischen Zivilgesellschaft
nicht nur erkennt, sondern diese als Mehrwert für den politischen Diskurs sieht – eine Politik, die für Teilhabe,
Solidarität und eine liberale Bürgergesellschaft steht.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen kämpfen mit den Menschen in Sachsen für eine neue politische Kultur und
Orientierung.
Sächsische Verhältnisse überwinden
Der Weg zu einer neuen politischen Kultur der Offenheit ist in Sachsen weiter als anderswo. Die sächsische
Demokratie atmet viel zu sehr den Geist einer obrigkeitsstaatlichen Regierungstradition, die nach 1989/90 nicht
gebrochen, sondern lediglich unter den Vorzeichen einer herausgehobenen „sächsischen Identität“ fortgeführt
wurde.
Dieser Geist prägt nicht nur Staatskanzlei und Ministerien, er findet sich auch in großen Teilen der Verwaltung,
Gerichtssälen und Polizeirevieren wieder und ist in unseren Schulen zu spüren. Auch nach über 28 Jahren
Rechtsstaat und Demokratie sind Meinungsvielfalt, politischer Streit und die Komplexität demokratischer
Prozesse vielen politischen Entscheidungsträgern und Teilen der Bevölkerung fremd und werden beargwöhnt.
Politik wird in vielen Teilen unseres Landes nicht als Teilhabe und selbstverständliches Einmischen verstanden,
sondern als stillschweigender Vertrag hingenommen zwischen „der Politik“, die zu liefern hat und den
Wählerinnen und Wählern, die den Auftrag dazu erteilen. Auch der Vertrauensentzug der CDU in Sachsen zur
Bundestagswahl ist auf dieses Politikverständnis zurückzuführen - die CDU hat in vielen Bereichen nicht
geliefert. Denn wenn der neue Ministerpräsident Kretschmer derzeit lautstark von Erneuerung spricht, meint er
keine Erneuerung der politischen Kultur, sondern eine Neuauflage des alten Politikverständnisses.
Dabei bräuchte es gerade jetzt einen wirklichen Aufbruch in eine neue demokratische Kultur, die der
zunehmenden Unsicherheit und Ungerechtigkeit begegnet, die alle auf dem Weg in eine – möglicherweise
unsichere – Zukunft einbindet und die die Menschen ermutigt, sich für unser Gemeinwesen und zum Wohle aller
zu engagieren. Wer antidemokratische und anti-moderne Bewegungen zurückdrängen will, muss Antworten auf
die ihnen zugrundeliegenden Entwicklungen finden. Wir brauchen eine politische Kultur, die die
Herausforderungen der Gegenwart annimmt und die Grundlagen einer offenen Gesellschaft mit Leidenschaft
und Zuversicht erneuert. Sachsen braucht eine gesellschaftliche Modernisierung, die den Werten von Freiheit,
Menschlichkeit und Gerechtigkeit verpflichtet ist - hin zu mehr Selbstbestimmung und mehr
Eigenverantwortung.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen stehen für einen grundlegenden politischen Kulturwandel, eine Politik
umfassender Teilhabe und des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Aufbruch in die Moderne - für eine liberale Bürger*innengesellschaft
Politische Mitbestimmung ist mehr als die Stimmabgabe an der Wahlurne. Unsere Demokratie lebt vom Ringen
um politische Alternativen, von der Vielfalt gesellschaftlicher Meinungen, Werte und Interessen und vom
Engagement möglichst vieler. Eine neue politische Kultur in Sachsen muss die Menschen ins Zentrum der
politischen Gestaltung stellen. Die Botschaft muss lauten: Einmischen lohnt sich, nicht nur in der Politik, sondern
in der gesamten Gesellschaft.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für eine liberale Bürger*innengesellschaft. Wir wollen einen Raum eröffnen, in
dem zivilisiert über die zentralen Fragen des Zusammenhalts gestritten und der Zusammenhalt in unserem Land
weiterentwickelt werden kann. Wir wollen, dass der Streit um politische Ideen und Zukunftsperspektiven wieder
als etwas Positives, als etwas Belebendes angesehen wird.
Politik darf kein „closed shop“ sein, über die politischen Geschicke in unserem Land darf nicht in Hinterzimmern
entschieden werden. Der Staat ist für die Bürgerinnen und Bürger da. Er weiß nicht immer alles besser, sondern
sollte auf das Wissen und die Fähigkeit der Menschen, die hier leben, vertrauen. Denn: Wer die politische
Mehrheit hat, hat dadurch keineswegs die Wahrheit gepachtet. Deshalb stehen wir für eine politische Kultur, die
zivilgesellschaftliches Engagement nicht als Störung politischer Routine betrachtet, sondern als Impuls für das
eigene Handeln annimmt. Wir wollen eine Politik des besseren Arguments, aber auch die einer klaren Haltung
auf Grundlage unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung.
Wir wollen gesellschaftliches Engagement zum Wohle der Menschen in Sachsen fördern und das Miteinander
gemeinsam gestalten. Pluralität macht unsere Demokratie stark. Wir stehen für eine wirkliche Stärkung der
Zivilgesellschaft, die kritisch gegenüber dem Staat und seinen Institutionen auftritt – gerade auch dann, wenn
wir GRÜNE regieren.
Es ist aus Sicht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Aufgabe des Staates für das gesellschaftliche Engagement in
Sachsen die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Dazu gehören eine soziale Sicherung, die Jeder
und Jedem Engagement ermöglicht, eine auf Nachhaltigkeit orientierte Politik, die künftigen Generationen eine
gestaltbare Zukunft hinterlässt, und funktionierende rechtsstaatliche Strukturen, die die Freiheit der Bürgerinnen
und Bürger schützen und ihnen Sicherheit geben. Dazu gehört auch eine Bildungspolitik, die den Wert von
Engagement für die Gesellschaft vermittelt und die junge Menschen befähigt und bestärkt, sich selbstbewusst
und demokratisch zu engagieren. Wir wollen den Menschen in Sachsen mehr Teilhabe an politischen Prozessen
ermöglichen und die Transparenz der staatlichen Institutionen stärken. Nicht zuletzt braucht es starke und
selbstbewusste Parlamente, in denen wahrnehmbar um politische Ideen für die Zukunft gerungen wird.
Wir wollen die Herausforderungen der Zukunft nicht nur für, sondern mit den Menschen, die hier leben, angehen:
eine Bildungsoffensive, der verantwortungsvolle Umgang mit dem Klimawandel, ein gelingendes Gemeinwesen,
die Förderung von kultureller Vielfalt und das Schaffen von Sicherheit. Strukturinvestitionen für den ländlichen
Raum und eine stärkere finanzielle Entlastung der Kommunen können nur gelingen, wenn die Bürgerinnen und
Bürger vor Ort in die Gestaltung politischer Projekte einbezogen werden.
Für uns GRÜNE geht es darum, mit einem Aufbruch in eine liberale Bürger*innengesellschaft das Verhältnis
zwischen Staat, Politik und Menschen neu zu gestalten. Wir wollen dem Engagement und den Ideen der
Bürgerinnen und Bürger für unsere Gesellschaft zum Durchbruch verhelfen.
Engagement braucht soziale Sicherheit
Demokratische Beteiligung ist immer auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Eine Politik des
gesellschaftlichen Zusammenhalts richtet den Blick auf alle Menschen in unserem Land. Denn ein freies
Engagement für unsere Gesellschaft ist nur möglich, wenn die Menschen hinreichend sozial abgesichert sind.
Doch die Probleme sind offenkundig: Wachsende Kinderarmut, prekäre Beschäftigungsverhältnisse,
Benachteiligung im Bildungssystem, Altersarmut.
Wir wollen soziale Sicherheit und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen und das Engagement für das
Gemeinwohl stärken. Wir treten für eine inklusive und solidarische Gesellschaft ein, die Teilhabe und
Chancengleichheit für alle Menschen gewährleistet. Wir wollen, dass die Menschen wieder Vertrauen in die
staatlichen Institutionen und in die soziale Infrastruktur haben. Dazu braucht es einen inklusiven Arbeitsmarkt,
der für alle offensteht und Barrieren abbaut. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, dauerhafte und sachgrundlose
Befristungen führen zu Unsicherheit und nicht zu Flexibilität. Wir GRÜNE wollen ein inklusives Bildungssystem,
das unsere Kinder, egal welcher Herkunft, fördert und ihnen Chancen für ihre Zukunft gibt – Bildungserfolge
dürfen nicht mehr länger vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein.
Wir wollen verlässliche Strukturen der sozialen Sicherung, gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land
sowie gesellschaftliche Strukturen und öffentliche Einrichtungen, die für alle gleichermaßen zugänglich sind. Wir
kämpfen für hochwertige und individuelle Angebote bei der Gesundheits- und Pflegeversorgung in Stadt und
Land. Wir wollen individuelle Wohnformen genauso fördern, wie den nachhaltigen sozialen Wohnungsbau. Kein
Mensch darf verdrängt werden, Segregationstendenzen in den Städten kann mit klugen städteplanerischen
Konzepten entgegengewirkt werden. Dem ländlichen Raum wollen wir mit Innovation und Zukunftsmut neue
Perspektiven eröffnen. Wir wollen ein Gemeinwesen gestalten, in dem die Kommunen, Stadtteile und Quartiere
so gestaltet werden, dass alle Menschen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Wir
wollen eine Wohnungspolitik, die verschiedene Lebensphasen und die unterschiedlichen Belange der
Geschlechter berücksichtigt sowie soziale Kommunikation, das generationsübergreifende Miteinander und den
interkulturellen Dialog fördert. Wir wollen eine vielfältige Kultur, an der alle teilhaben können. BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN in Sachsen stehen für eine armutsfeste Existenzsicherung und eine Kindergrundsicherung, damit
Menschen sich frei und individuell für unser Gemeinwesen einsetzen können.
Für gesellschaftliche Vielfalt und Respekt
In unserer modernen und vielfältigen Gesellschaft ist Zusammenhalt immer auch der Zusammenhalt von
unterschiedlichen Menschen. Ein Schlüssel für die Veränderung der politischen Kultur in Sachsen ist, dass wir die
Vielfalt als Chance begreifen. Das Band, das eine Gesellschaft der Vielfalt eint und zusammenhält, ist unser
Grundgesetz.
Es ist ein Gewinn für die ganze Gesellschaft, wenn alle Menschen selbstbestimmt und diskriminierungsfrei leben
können. Wir wenden uns gegen jede Form der Diskriminierung - egal ob sie aufgrund der ethnischen Herkunft,
Religion, Muttersprache, Weltanschauung oder wegen des Alters, einer Behinderung oder der sexuellen und
geschlechtlichen Identität eines Menschen erfolgt. Deshalb sind für uns beispielsweise Maßnahmen wie Gender
Mainstreaming Wegmarken einer offenen Gesellschaft. Nur so verhindern wir Ausgrenzung von Menschen und
Menschengruppen aus dem politischen und gesellschaftlichen Diskurs. Genauso treten wir auch der
allgegenwärtigen Verrohung der Sprache entgegen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen unterstützen daher
seit Jahren Programme und Projekte, die sich gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und für ein
demokratisches Miteinander einsetzen. Dazu gehört auch die Fähigkeit, mit Unterschiedlichkeit– etwa bezüglich
Religion, Werten oder Lebensstil – umzugehen und dies aktiv zu lernen. Dazu gehört politische Bildung und das
Erlernen von demokratischen Prozessen.
Für eine Kultur der Vielfalt und des Respekts braucht es aber mehr. Ob in der Regierung, in den Polizeirevieren, in
Schulen, in der Verwaltung oder den Gerichtssälen: Überall zählt die Akzeptanz von Vielfalt. BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN in Sachsen wollen eine interkulturelle und inklusive Öffnung der Landesverwaltung. Hierzu bedarf es
einer Weiterbildungsoffensive für die staatlichen und Regelinstitutionen und eine Öffnung der Verwaltung. Wir
fordern den Ausbau von Weiterbildungsmöglichkeiten hinsichtlich Fremdsprachenerwerb in den Behörden und
einen mehrsprachigen und inklusiven Öffentlichkeitsauftritt von staatlichen Institutionen. BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN in Sachsen wollen Programme, die für Vielfalt und interkulturelle Perspektiven sensibilisieren, fördern.
Beschäftigte im öffentlichen Dienst sollen verpflichtend Weiterbildungen zum Erlangen interkultureller und
inklusiver Kompetenzen absolvieren. Hinzu wollen wir die Verwaltung für Menschen mit Migrationsgeschichte
öffnen und diesen verstärkt die Möglichkeit der Ausbildung und Arbeitsaufnahme im Öffentlichen Dienst
ermöglichen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen streiten dafür, dass staatliche Institutionen im Umgang mit Vielfalt und im
Respekt gegenüber allen Menschen ihrer Vorbildfunktion gerecht werden.
Rechtsstaat stärken
In staatlichen Institutionen macht sich zunehmend ein Klima des Misstrauens gegenüber den Bürgerinnen und
Bürgern breit – mitunter scheint jeder verdächtig. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen halten als liberale
Rechtsstaatspartei die Grundrechte hoch und verteidigen sie. Der Schutz der Freiheit ist eine der zentralen
Aufgaben des Staates. Das weitere Rütteln an den Pfeilern unseres freiheitlichen Rechtsstaates durch immer
mehr anlasslose Überwachung und die zunehmende Einschränkung von Grundrechten werden wir nicht
hinnehmen. Es zerstört das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat.
Gleichzeitig muss ein funktionierender Rechtsstaat den Menschen Schutz bieten. Die Polizei als Trägerin des
Gewaltmonopols des Staates muss in der Lage sein, ihre Schutzfunktion für alle Menschen wahrzunehmen, ohne
dabei in die Grundrechte des Einzelnen einzugreifen. Der massive Stellenabbau bei der Polizei und ihr Rückzug
aus der Fläche haben viele Menschen in Sachsen in einem Gefühl der Unsicherheit zurückgelassen und zu einer
Vielzahl von Problemen geführt.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen ist deshalb klar: Eine gut ausgebildete, personell gut ausgestattete,
sensibilisierte und hoch qualifizierte Polizei ist der Garant für Rechtsstaatlichkeit. In einem freiheitlichen
Rechtsstaat muss eine Polizei auch gut kontrolliert werden. Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sind
Vertreterinnen und Vertreter des Staates, sie müssen den Bürgerinnen und Bürgern offen gegenübertreten. Die
individuelle Erkennbarkeit ist ein wichtiges und nicht zu unterschätzendes Symbol für Offenheit und
Deeskalation. Durch eine anonymisierte Kennzeichnung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten wird ihr
Persönlichkeitsrecht geschützt, gleichzeitig Glaubwürdigkeit und Vertrauen in die Polizei gestärkt. Um das
Vertrauen weiter zu stärken, braucht es in Sachsen eine unabhängige Beschwerdestelle, an die sich sowohl
Bürgerinnen und Bürger mit ihren Anliegen und Beschwerden richten können, als auch Polizistinnen und
Polizisten mit ihren dienstlichen Problemen. Eine solche Beschwerdestelle wäre auch eine Möglichkeit eine neue
Kultur im Umgang mit Fehlern zu etablieren. Fehler sind menschlich. Mit ihnen offen und transparent in allen
Institutionen umzugehen wird das wechselseitige Vertrauen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und dem
Freistaat verbessern.
Eine neue politische Kultur wird sich auch daran zeigen, wie staatliche Institutionen mit Kritik und
gegenläufigen Positionen umgehen. Diese werden nicht selten auf der Straße in Form von Demonstrationen
vorgebracht. Viel zu häufig gehen die Behörden mit Versammlungen um, als wären diese per se störende
Elemente. Dies muss sich ändern. Mit unserem Versammlungsfreiheitsgesetz haben wir einen Vorschlag
unterbreitet, wie einem der zentralen Grundrechte in Sachsen zu besserer Geltung verholfen werden kann.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen streiten für einen funktionierenden und freiheitssichernden Rechtsstaat. Er
ist die Grundlage, um sich frei von Angst engagieren zu können.
Transparenz schaffen, Einmischen ermöglichen
Wir GRÜNE stehen zu unserer basisdemokratischen Tradition und wollen die repräsentative Demokratie um
direkte Mitgestaltung ergänzen und damit stärken. Politische Prozesse müssen nachvollziehbarer und
transparenter sein als bisher. Nicht jeder Mensch hat die Zeit oder das Bedürfnis,sich in jede hochkomplexe
Detailentscheidung einzuarbeiten. Es soll aber Jede und Jeder gleichberechtigt die Möglichkeit erhalten, Prozesse
nachvollziehen zu können und sich einzubringen, wenn er oder sie es möchte.
Damit auch Menschen mit Lernschwierigkeiten gut informiert an politischen Entscheidungsprozessen
teilnehmen und sich einbringen können, fordern wir mehr Materialien in Leichter Sprache. Diese können auch
von Menschen mit geringen Deutschkenntnissen genutzt werden. Auch mobilitätseingeschränkte Menschen z.B.
Rollstuhlfahrer*innen werden durch physische Barrieren an ihrer politischen Teilhabe gehindert. So sind
Wahllokale häufig nicht barrierefrei, aber auch (partei)politische Veranstaltungen finden oft in nicht-
barrierefreien Räumen statt. Wir fordern eine Kultur der Achtsamkeit, in der Barrieren aktiv abgebaut werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen wollen die demokratischen Instrumente auf allen Ebenen stärken. Wir
wollen Sachsens Beteiligungs- und Informationsrechte verbindlich regeln. Unser Ziel ist es, den Menschen in
Sachsen die Möglichkeit zu geben, sich umfassend an Planungen und Entscheidungen zu beteiligen. Politik soll
nicht über die Köpfe der Menschen hinweg, sondern mit ihnen gemeinsam gestaltet werden. Die Digitalisierung
bietet viele Möglichkeiten zum Mitgestalten von demokratischen Entscheidungsprozessen. Deswegen wollen wir
nicht nur eine landesweite Beteiligungsplattform, auf der die Bürgerinnen und Bürger ihre Meinung zu aktuellen
Vorhaben artikulieren können, sondern auch verbindliche Mindeststandards für die Beteiligung der Bürgerinnen
und Bürgern im Freistaat und in den Kommunen. Die Voraussetzungen für Engagement im Rahmen von
Beteiligung an politischen Prozessen müssen überall im Freistaat gleich sein. Wir wollen den Ideen der
Menschen selbst eine Chance geben. Dafür möchten wir mehr Instrumente in Sachsen etablieren, die das
Einbringen von Ideen und das gemeinsame Erarbeiten von Konzepten durch Bürgerinnen, Bürger und Politik
ermöglicht.
Auch die verbindlichen Entscheidungsrechte der Bürgerinnen und Bürger müssen gestärkt werden, um zu
ermöglichen, dass Ideen für die Zukunft Sachsens auch dann eine Chance haben können, wenn sie von den
politischen Mehrheiten in den Parlamenten nicht aufgegriffen werden. Wir fordern deshalb die Senkung der
Hürden für landesweite Volksbegehren und die Absenkung der Mindestquoren für Bürgerbegehren in den
Kommunen auf 5 Prozent der Wahlberechtigten.
Die Förderung und das Ermöglichen von Engagement vor Ort darf nicht von der Staatsbürgerschaft abhängen.
Wer sich für sein gesellschaftliches Umfeld engagieren will, soll dies auch können. Deshalb fordern wir das
Kommunalwahlrecht auch für Nicht-EU-Ausländer und -Ausländerinnen. Wir wollen auch junge Menschen bis
zum 18. Lebensjahr ermutigen, sich politisch einzumischen. Junge Menschen müssen früh erfahren, dass sie
durch Engagement etwas bewegen können und dass ihre Stimme zählt. Wir fordern die Herabsetzung des
Wahlalters auf 16 Jahre auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene sowie die Intensivierung von demokratischer
Partizipation an Schulen z.B. durch die Stärkung von Schüler*innenräten.
Damit sich die Menschen im Freistaat umfassend darüber informieren können, was aktuelle Probleme sind und
welche Entscheidungen anstehen, braucht es mehr Transparenz. Sie ist Voraussetzung dafür, dass sich die
Bürgerinnen und Bürger einbringen. Deshalb haben wir GRÜNE ein Transparenzgesetz vorgelegt, mit dem der
Freistaat und die Kommunen nicht nur verpflichtet werden, Informationen auf Anfrage herauszugeben, sondern
diese selbstständig auf einer Transparenzplattform zu veröffentlichen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen wollen die Einwohnerinnen und Einwohner als Akteurinnen und Akteure
der Demokratie stärken. Wir wollen die Beteiligungs- und Entscheidungsrechte der Menschen verbessern.
Engagement braucht demokratische Bildung von Anfang an
Ein Großteil der Bevölkerung ist Einmischen kulturell nicht gewöhnt, oft sind es immer nur dieselben Leute, die
sich einbringen, in der Regel gut ausgebildet, mit ausreichenden zeitlichen Ressourcen. Dies liegt auch daran,
dass der Wert von eigenverantwortlichem Engagement für unsere Gesellschaft in unserem Bildungssystem
weiterhin eine zu geringe Rolle spielt. Dies muss sich ändern. In einer liberalen Bürger*innengesellschaft kommt
der Förderung der demokratischen Eigenverantwortung und des gesellschaftlichen Engagements durch Schule,
Kita und Hochschule eine große Bedeutung zu. Dabei geht es nicht nur um die „formale“ politische Bildung, es
geht darum, junge Menschen zu befähigen und zu bestärken, sich selbstbewusst und demokratisch zu
engagieren.
In Bildungsinstitutionen müssen Beteiligungsinstrumente mehr Anwendung finden. Dabei kommt es auch darauf
an, was entschieden wird. Alle Nutzerinnen und Nutzer von Bildungseinrichtungen, von der Kita bis zur
Hochschule, sollen bei den Entscheidungen miteinbezogen werden. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen
fordern daher seit Jahren eine Stärkung der Schulkonferenzen, der viertelparitätischen Beteiligung aller
Hochschulgruppen bei der Besetzung der Gremien und Entscheidungen, die Studierendenräte müssen gestärkt
werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen streiten für eine umfassende Demokratisierung unserer
Bildungsinstitutionen, in denen der Wert gesellschaftlichen Engagements vermittelt und gelebt wird.
Sachsen braucht selbstbewusste Parlamente
Eine starke Demokratie lebt von starken Parlamenten, die sich nicht als Anhängsel der Regierung oder einer
Stadtverwaltung begreifen, sondern ihre Kontroll- und Entscheidungsrechte selbstbewusst wahrnehmen. Der
Landtag und die Kommunalparlamente müssen wieder zu Orten entscheidender politischer Debatten werden.
Deshalb wollen wir die Rechte der Abgeordneten und der Fraktionen verbessern. Mit einem
Parlamentsinformationsgesetz wollen wir dafür sorgen, dass dem Landtag alle Informationen durch die
Regierung zur Verfügung gestellt werden, die er benötigt. Wir wollen die Elemente einer belebenden
Debattenkultur im Plenum, wie zum Beispiel eine Regierungsbefragung, die diesen Namen auch verdient,
etablieren.
Wir stehen für eine neue parlamentarische Kultur im Landtag. Viel zu häufig werden gute Ideen der Opposition
mit der Mehrheit der Koalition nur aus Prinzip abgeschmettert. Wir sind der festen Überzeugung, dass die
Mehrheit nicht die alleinige Weisheit dafür gepachtet hat, was gut für die Menschen in Sachsen ist. Deswegen
setzen wir uns dafür ein, dass auch in Sachsen der Wettbewerb um die besten Lösungen Vorrang vor
parteipolitischem Klein-Klein hat.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen fordern die Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen, damit Demokratie nicht
im Hinterzimmer stattfindet und Bürgerinnen und Bürger sich auch von Detaildebatten ein Bild machen können.
Gerade auf kommunaler Ebene wollen wir GRÜNE die Voraussetzungen verbessern, unter denen die
ehrenamtlichen Rätinnen und Räte Politik gestalten. Sie leisten einen unschätzbaren Verdienst für unsere
Demokratie. Deshalb wollen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Rahmenbedingungen für das Engagement in
Kreistagen und Gemeinderäten verbessern. Dazu gehören eine landesweit einheitliche Regelung zu
Fraktionsbildung und Fraktionsfinanzierung wie eine Verbesserung der Entschädigungen für die Ratsarbeit.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen wollen die Parlamente in Sachsen stärken. Sie sind das Herz unserer
repräsentativen Demokratie. Ihr selbstbewusstes Auftreten ist wesentlicher Teil einer neuen demokratischen
Kultur im Freistaat.
Einen Aufbruch in eine liberale moderne Bürger*innengesellschaft gibt es nur mit GRÜN
Wir brauchen in Sachsen einen Aufbruch in eine neue demokratische Kultur; eine Kultur, die die Freiheit des
Einzelnen schützt, sein Engagement fördert, ernst nimmt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt.
Unsere Welt ist im stetigen Wandel. Die Globalisierung, die Digitalisierung, die soziale Spaltung zwischen Arm
und Reich, der Klimawandel werden auch zukünftig immer neue Antworten von uns verlangen. Doch wir stehen
jetzt am Scheideweg, mit welcher Politik wir diese Herausforderungen angehen wollen.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen ist sicher: Nur in einer solidarischen Gesellschaft und mit einem
respektvollen und gleichberechtigten Diskurs über die besten Ideen und Lösungen können wir uns auf den Weg
machen. Nur diese Politik wird die Spirale aus Resignation, Desorientierung und Wut durchbrechen und neue
gesellschaftliche Perspektiven eröffnen. Wir wollen die Gesellschaft zusammenhalten und uns gemeinsam auf
den Weg machen.
Unser GRÜNES Verständnis von Politik bedeutet daher mehr als nur Dienstleistung für die Wählerinnen und
Wähler. Wir wollen das Verhältnis zwischen Staat und Bürgerinnen und Bürgern neu denken, Einmischen
ermöglichen und die Institutionen des Gemeinwesens stärken.
Dieser Weg ist nicht der leichteste, aber er ist der nachhaltigste. Dieser demokratische Aufbruch heißt streiten,
ringen, zweifeln, nicht für alles schon eine Antwort zu haben, sich von einem Argument überzeugen zu lassen,
nicht nur an sich zu denken – Gemeinsamkeit zu erkennen und Vielfalt zu leben. Das bedeutet Liberalität,
Freiheit und Gerechtigkeit gemeinsam zu denken.
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