Der Landesparteirat von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen fordert die Staatsregierung und die Regierungsfraktionen in Sachsen auf, spätestens zum 1.1.2021 die sächsischen Städte und Gemeinden zu ermächtigen, wirksame kommunale Baumschutzsatzungen zu erlassen. Hierfür muss das Sächsische Naturschutzgesetz (SächsNatSchG) geändert werden.
Im gemeinsamen Koalitionsvertrag von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD ist dieses Ziel ausdrücklich und klar formuliert 1.
- Natur- und Umweltschutz in Zeiten der Klimakrise
Die Städte und Gemeinden müssen den Baumschutz eigenständig regeln können, um konkret vor Ort für den Erhalt der Artenvielfalt – also für den Schutz von Kleinsäugern, Vögeln und Insekten – in angemessener Weise und auf die spezifische Lage der jeweiligen Kommune angepasst Sorge zu tragen. Nach zwei aufeinanderfolgenden Hitzesommern und zukünftig zu erwartenden ähnlichen Extremwetterlagen sind Bäume darüber hinaus natürliche Schattenspender, die ihre Umgebung abkühlen können.2
- Positiver Einfluss auf die menschliche Gesundheit
Zudem dienen Bäume allein schon durch ihre schiere Anwesenheit mit ihrer kühlenden Wirkung in der bebauten Umgebung der menschlichen Gesundheit.3 Der Erhalt von Straßenbäumen ist das effektivste und zugleich kostengünstigste Mittel, um in Zeiten zunehmender Hitzeperioden die Gesundheit des Menschen zu schützen und die Lebensqualität vor Ort zu erhöhen. Das Stadtgrün erfüllt auch eine wichtige Funktion bei der Luftreinhaltung und verbessert die Luftqualität, insbesondere in den stärker belasteten Ballungsräumen.4
- Zivilgesellschaftliches Engagement und kommunale Selbstverwaltung
Die Abschaffung des kommunalen Baumschutzes vor zehn Jahren in Sachsen hat sich nicht nur vor dem Hintergrund der nunmehr deutlich spürbaren Folgen der Erderhitzung als Fehlentscheidung erwiesen, es handelte sich auch um einen massiven Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Seit 2010 hat die von den Bürgerinnen und Bürgern vielfach als rabiat empfundene Abholzung von Bäumen in den Städten, aber auch in Gemeinden in ländlicher strukturierten Regionen Sachsen immer wieder Proteste hervorgerufen. Erst im Zuge der Aufarbeitung der Proteste und des öffentlichen Diskurses wird den Menschen überhaupt deutlich, dass die Stadt- und Gemeindeverwaltungen auf Grund des derzeit geltenden Landesgesetzes gegen die Masse an Baumfällungen faktisch machtlos sind. Dieser Zustand muss schnellstmöglich beendet werden.
Hintergrund:
Seit 2010 bestehen die landesrechtlichen Einschränkungen des Geltungsbereiches der Baumschutzsatzung für mit Gebäuden bebaute Grundstücke. Dort besteht für einige Baumarten grundsätzlich kein Schutz mehr (Pappeln, Birken, Baumweiden, Nadel- und Obstgehölze), für alle anderen Arten nur noch für Bäume ab einem Stammumfang von mindestens einem Meter. Von Anfang Oktober bis Ende Februar ist es auf bebauten Grundstücken seitdem genehmigungsfrei möglich eine Vielzahl von Bäumen zu fällen. Gleichzeitig wurde die Pflicht für Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer, eine Baumfällung vorab genehmigen lassen zu müssen, merklich gelockert. Somit ist den Rathäusern faktisch auch der Überblick über den Baumbestand der Städte und Gemeinden verlorengegangen.
1"Wir werden den Kommunen den Erlass von umfassenden Baumschutzsatzungen ermöglichen, damit diese die Interessen des Naturschutzes mit jenen der Grundstückseigentümer in ein besseres Verhältnis bringen können. Dazu werden wir das Sächsische Naturschutzgesetz ändern."
2 Ein Stadtbaum ist in der Lage, an einem Sommertag bis zu 400 Liter zu verdunsten und damit seine direkte Umgebung um einige Grad abzukühlen.
3 Nature and Health: The influence of nature on social, psychological and physical well-being (Health Council of the Netherlands & Dutch Advisory Council for Research on Spatial Planning, 2004)
4 Eine 100 Jahre alte Rotbuche, die etwa 20 Meter hoch ist, verarbeitet an einem Sonnentag 9.400 Liter Kohlendioxid (Ausstoß von zwei durchschnittlichen Einfamilienhäusern) und bindet mehr als 100 Kilogramm Staub im Jahr.
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