BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Sachsen würdigt die engagierte Verhandlungsführung der Fraktion. Als kleinste demokratische Opposition im Landtag brachte sie unsere beschlossenen Ziele deutlich in die Debatte ein. Wir bedauern allerdings, dass die Chance einer umfassenden Modernisierung und Anpassung der Verfassung an neue Entwicklungen und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts von den anderen demokratischen Parteien im Sächsischen Landtag nicht genutzt wurde: Die SPD hat unsere Forderung nach einer Öffnung der Verhandlungen für Themen wie der Stärkung der direkten Demokratie, der Informationsfreiheit und des Umweltschutzes als Staatsziel, nicht unterstützt. Auch die LINKE war bereit – entgegen anfänglich geäußerter Bedingungen – auch einer allein auf die Finanzverfassung beschränkten Änderung zuzustimmen. Die Verhandlungsposition von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde durch das Handeln von SPD und LINKE entscheidend geschwächt. Das hat es der CDU ermöglicht, die Verhandlung um weitere Teile der sächsischen Verfassung sowie Veränderungen zur Herstellung von mehr Transparenz im Landeshaushalt zu blockieren. Die FDP hatte erkennbar von Beginn an kein echtes Interesse an einer fraktionsübergreifenden Regelung. Durch finanzpolitisch unvernünftige Maximalforderungen sollte eine Einigung verhindert werden, um in den bevorstehenden Wahlkämpfen behaupten zu können, alle außer der bisherigen Koalition wären unverantwortliche Schuldenmacher.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen sind deshalb nicht zufrieden mit dem Verhandlungsergebnis zur Verfassungsänderung, wie es von den Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Parteien im Landtag unterschrieben wurde.
Der Ausstieg der LINKEN aus dem weiteren parlamentarischen Verfahren zur Verfassungsänderung schwächt die Verhandlungsmacht der demokratischen Oppositionsparteien zusätzlich. Damit wird auch das von der LINKEN ausgehandelte Prinzip des sozialen Ausgleichs bei der Aufstellung des sächsischen Landeshaushaltes wieder zur Disposition gestellt.
Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass vor dem oben beschriebenen Hintergrund kein weitergehendes Verhandlungsergebnis zu erzielen war und stellen fest, dass der Beschluss der Landesversammlung in Görlitz 2012 „BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen sind zu einer Diskussion über eine Modernisierung der Verfassung bereit. Voraussetzung dafür ist aber, dass es bei allen Beteiligten ein ernsthaftes Bemühen und eine breit angelegte Diskussion um eine Modernisierung der Verfassung gibt. Für Scheindebatten stehen wir nicht zur Verfügung“, nicht umgesetzt werden konnte. Weitergehende Verfassungsänderungen, wie z.B. Umweltstaatsziel, Datenschutz, die Absenkung des Wahlalters und insbesondere die Absenkung der Quoren für Volksentscheide wurden inhaltlich nicht verhandelt.
Dennoch betrachten wir eine Modernisierung der Verfassung in den Themenfeldern, wie sie auch im Görlitzer Beschluss beschrieben sind, weiterhin als eine vordringliche Aufgabe.
Die Landesversammlung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen fordert deshalb die GRÜNENLandtagsfraktion auf, konkrete Vorschläge aus unserer Agenda zur Verfassungsmodernisierung, insbesondere zur Stärkung der direkten Demokratie, der Informationsfreiheit und der Umweltstaatsziele zu erarbeiten und in das Parlament einzubringen.
Der gefundene Kompromiss zur Schuldenbremse ist für uns nicht das Ende, sondern ein erster Schritt der Verfassungsmodernisierung. Wir fordern die anderen demokratischen Fraktionen im Landtag auf, sich einer umfassenden Modernisierung der Verfassung nicht zu verschließen, sondern nach Kräften zu unterstützen. Wir sind entschlossen, gemeinsam mit anderen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen einen entsprechenden Volksentscheid auf den Weg zu bringen, sollte sich die CDU dauerhaft einer Verfassungsmodernisierung verschließen. Eine von uns mitgetragene Staatsregierung soll ein nach diesen Grundsätzen entsprechendes Verfassungsmodernisierungsgesetz in den Landtag einbringen.
Wir Bündnisgrüne setzen uns seit vielen Jahren für eine tragfähige, nachhaltige Haushaltspolitik ein. Mit ihrem Sparaktionismus hat die schwarz-gelbe Koalition dagegen in den letzten drei Jahren gesellschaftliche Strukturen vor allem in den Bereichen Jugend, Soziales und Kultur auf Dauer zerstört oder behindert. Wir sind über dieses verantwortungslose Regierungsverhalten immer noch empört. Um derartige Beschädigungen der Zivilgesellschaft für die Zukunft erheblich zu erschweren, wenn nicht gar gänzlich zu verhindern, ist die gesetzliche, auch verfassungsmäßige Verankerung einer Schuldenbremse ein geeignetes Mittel, wenn diese so ausgestaltet ist, dass sie die finanzielle Handlungsfähigkeit des Landes in wirtschaftlichen Krisen, bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen sicher stellt. Für eine solche Schuldenbremse stehen wir gerade – heute und in Zukunft.
Die Landesversammlung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt dazu fest,
- dass diese Konjunkturkomponente als fakultative Möglichkeit im vereinbarten Kompromiss zur Verfassungsänderung enthalten ist;
- dass diese, wie auch die weiteren Änderungen der sächsischen Verfassung, die zwischen den Vorsitzenden der demokratischen Landtagsfraktionen vereinbart wurden, grünen Grundsätzen, Beschlüssen und Programmaussagen nicht widersprechen;
- dass gemäß dem Vorschlag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Konnexitätsprinzip zwischen Freistaat und Kommunen in die Vereinbarung aufgenommen wurde, denn die Schuldenbremse für den Landeshaushalt darf nicht zu Lasten der Finanzausstattung der Kommunen gehen.
Die Landesversammlung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen empfiehlt daher der GRÜNENFraktion im Sächsischen Landtag dem vereinbarten Kompromiss zur Verfassungsänderung zuzustimmen. Wir fordern darüber hinaus die GRÜNE Landtagsfraktion auf, im weiteren parlamentarischen Prozess, insbesondere hinsichtlich geäußerter verfassungsrechtlicher Bedenken, auf die nötigen Klarstellungen und Nachbesserungen auch auf einfachgesetzlicher Ebene hinzuwirken, um insbesondere die Wirksamkeit der Schuldenbremse auch in den verschiedenen Nebenhaushalten zu sichern und eine mögliche versteckte Kreditaufnahme zu vermeiden. Wir wollen eine echte Schuldenbremse.
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