Wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen, stehen für die freie Entfaltung und Entwicklung unserer vielfältigen kulturellen Landschaft. Künstlerische, kulturelle und soziokulturelle Angebote sollen der Vielfalt der Lebensentwürfe Ausdruck verleihen und allen Menschen, auch Menschen mit Migrationsgeschichte, Menschen mit Behinderung, queeren Menschen und antifaschistisch und demokratisch engagierten Menschen eine selbstverständliche Teilhabe und Mitgestaltung ermöglichen. Kultur ist ein wichtiger Aushandlungsraum und zeigt uns gesellschaftliche Zukunftsperspektiven auf. So ist Kultur als Teil einer lebendigen Demokratie wirksam. Ist aber die Kunstfreiheit gefährdet, sind auch Demokratie und gleichberechtigte Teilhabe in Gefahr.
Wir haben verstanden, dass Angriffe und Einschüchterungen, Hetzkampagnen und versuchte Einflussnahmen auf künstlerische Inhalte und gesellschaftspolitische Positionen inzwischen Normalität für Künstler*innen und Kulturakteur*innen in ganz Sachsen sind. Ob Theater, Clubs, Kunstgalerien, soziokulturelle Zentren oder erinnerungskulturelle Initiativen und Gedenkstätten, wer sich aktiv für Menschenrechte und demokratische Bildung einsetzt, ist früher oder später dem systematischen Kulturkampf von rechts ausgesetzt. Dieser bleibt längst nicht mehr ohne Folgen, wenn aus Kommunalparlamenten heraus der Rechtfertigungsdruck erhöht wird, wenn Fördermittel für bewährte Angebote entzogen werden, wenn aus Angst vor Konflikten oder Einschränkungen Programme geglättet, Drehbücher umgeschrieben, Festivals abgesagt oder Teilnahmen an Aktionen gegen rechts vermieden werden. Der Druck führt dazu, dass die Arbeitsbelastung von Mitarbeiter*innen steigt. Die Existenzgrundlage für Kultureinrichtungen gerät ins Wanken. Künstler*innen und Kulturmanager*innen beginnen an ihrer Perspektive in der sächsischen Kulturlandschaft zu zweifeln. Wir dürfen nicht zulassen, dass das demokratische und weltoffene Kulturverständnis in Sachsen weiter in die Defensive gedrängt wird. Am Ende bliebe nur harmlose und unkritische Kultur übrig und reaktionäre bis völkisch-nationalistische Offerten hätten noch mehr Raum.
Wir BÜNDNISGRÜNE stehen solidarisch an der Seite von Initiativen und Einrichtungen, die sich als Teil der antifaschistischen Zivilgesellschaft für diskriminierungsfreie und inklusive Räume, für Vielfalt und Menschenrechte einsetzen. Wir wissen, wovon wir reden, denn wir sind wie viele demokratische zivilgesellschaftliche Akteur*innen oft genug selbst mit Angriffen und Anfeindungen konfrontiert.
Wir wollen nicht mehr nur von Weckrufen reden, sondern gemeinsam gegen diese Angriffe aufstehen und die Kunstfreiheit verteidigen. Wir werden weiterhin genau hinschauen und unseren Widerspruch in Öffentlichkeit und Parlamenten deutlich machen. Wir werden darüber hinaus gemeinsam mit Akteur*innen aus Kultur und Zivilgesellschaft praktische und kontinuierliche Unterstützungsangebote organisieren, damit sich Kultur resilient machen kann. Dabei können wir auf bisherigen Erfahrungen aufbauen, wie sich Einrichtungen gegen Anfeindungen wehren und sich vernetzen, ihre Mitarbeiter*innen und Nutzer*innen schützen, Anfeindungen in sozialen Medien begegnen oder wie sich Bürgermeister*innen schützend vor Kultur stellen.
Wir BÜNDNISGRÜNE in Sachsen appellieren an alle demokratischen politischen Kräfte, die Bedrohungslage ernst zu nehmen, klare Signale gegen Feinde einer demokratischen Kultur zu setzen und ins aktive Handeln zu kommen. Nicht zuletzt die gemeinsame Verantwortung für eine gute soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung erfordert den Einsatz von uns allen. Denn eine vielfältige, weltoffene und lebendige Kulturlandschaft ist ein wesentlicher Faktor dafür, dass Sachsen für alle Menschen attraktive Orte zum Arbeiten und Leben bietet.
Eine künftige Staatsregierung sehen wir in der besonderen Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass sich der Freistaat Sachsen zur Sicherung eines demokratiefördernden, diskriminierungskritischen und vielfältigen Kulturlebens verpflichtet. Daraus folgen nachhaltige Maßnahmen und sichere Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur in Sachsen.
Folgende Punkte sind dabei für uns zentral:
- Angriffe auf die Kunstfreiheit, ob gegenüber staatlichen und kommunalen Kultureinrichtungen oder freien Kulturträgern und -initiativen, werden umfassend dokumentiert, Motive, Methoden und Konsequenzen ausgewertet.
- Einrichtungen und Initiativen können auf Angebote zur Beratung, zum Kompetenzaufbau und zur Vernetzung zugreifen, damit sie sich auf verschiedene Bedrohungen einstellen, die Sicherheit von Mitarbeitenden und Nutzenden eigener Angebote garantieren, fundiert gegen demokratiefeindliche oder rassistische Positionen argumentieren, Konflikte managen sowie rechtliche Grundlagen angemessen anwenden können.
- Die Kulturverwaltung erhält mehr Unterstützung hinsichtlich der Rechtssicherheit und ihrer Handlungsspielräume im Umgang mit politischen Versuchen der Einflussnahme sowie für den Ausschluss von rechtsextremistischen Trägern von einer Förderung aus öffentlichen Mitteln.
- Die sächsische Polizei arbeitet sowohl präventiv als auch reaktiv stärker mit Kulturträgern zusammen, um Begegnungs- und Kulturräume zu schützen.
Durch die Förderung von Freistaat und Kommunen wird die regionale Vielfalt der Kultur in Sachsen finanziell stabilisiert und Programme wie „Orte des Gemeinwesens“ werden ausgebaut, um vor Ort keine Lücken zu lassen und nachhaltig in unsere Kulturlandschaft zu investieren.