Offener Brief zum Jubiläum der sächsischen CDU
21. Jul. 2020 –
Lieber Herr Vorsitzender Michael Kretschmer,
lieber Herr Generalsekretär Alexander Dierks
liebe sächsische CDU,
heute möchten wir Euch gratulieren! Vor 75 Jahren gründeten evangelische und katholische Christinnen und Christen im zerstörten, von sowjetischen Truppen besetzten Dresden die Christlich-Soziale Volkspartei, aus der schon wenig später die Christlich-Demokratische Union in Sachsen hervorging. Viele der Gründerinnen und Gründer Eurer Partei hatten wegen ihrer Gegnerschaft zum Nationalsozialismus Repressionen erlebt.
Der Theologe Hugo Hickmann etwa, der erste sächsische CDU-Vorsitzende, war 1933 seiner politischen und kirchlichen Ämter enthoben worden. Auf christlichen Werten wollte Eure Partei ein neues, demokratisches Gemeinwesen errichten. Auch wenn dies in der sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR nicht gelang, ist es doch eine Geschichte, auf die Ihr stolz sein könnt. Als Bündnis 90/Die
Grünen, als Partei die gerade in Ostdeutschland von Menschen aufgebaut wurde, die über den Einsatz für Demokratie und Umweltschutz in der DDR den Weg in die Politik fanden, möchten wir Euch aus diesem Anlass unsere herzlichen Glückwünsche übermitteln!
Der Blick auf Eure Entstehungsgeschichte in solch schwierigen Zeiten verändert etwas unsere Perspektive auf Euch. Seit es unsere Partei, in Sachsen gibt regiert Ihr, die CDU, im Freistaat. Zuerst allein, später dann mit wechselndem Partner und seit Dezember im Dreierbündnis mit der SPD und uns. Dabei seid Ihr immer so souverän und selbstbewusst aufgetreten, dass es schwerfällt zu glauben, Ihr wärt nicht schon immer Regierungspartei gewesen. Euer Erfolg lässt sich jedenfalls nicht leugnen. Seit fast drei Jahrzehnten gestaltet Ihr Sachsens Politik maßgeblich und, seien wir offen: Vieles daran hat uns nicht gepasst, einiges überzeugt uns noch immer nicht und bei einer ganzen Reihe Themen wünschen wir uns, dass Ihr sie beherzter angeht: Umweltschutz zum Beispiel, den Kampf gegen den Klimawandel und auch bei der Eure
Parteigründerinnen und -gründer im Sommer 1945 waren beherzt. Nach 12 Jahren Nazi-Herrschaft und fünfeinhalb Jahren Krieg und Massenmord, wollten sie, wie sie im August 1945 in einem ersten Aufruf schrieben, kein „Sammelplatz für Ewiggestrige“ sein. Als Teil der „antifaschistischen Einheitsfront“ war es ihr Ziel, die Abkehr „von den Verirrungen des unheilvollen Nazi-Systems“ durchzusetzen. Im Januar 1946 druckten sie sogar ein Plakat, auf dem es hieß: „Antifaschisten bekennt Euch und kommt zur Christlich Demokratischen Union“.
Sicher, es waren andere Zeiten. Zeiten als der Begriff Antifaschismus noch nicht von der SED-Führung dafür benutzt worden war, ein undemokratisches, autoritäres System zu legitimieren – ein System, das den christdemokratischen Antifaschisten Hugo Hickmann 1950 ein zweites Mal all seiner Ämter enthob. Darum können wir nachvollziehen, warum der Begriff Antifaschismus heute für Euch kontaminiert ist.
Dass wir ihn dennoch benutzen, liegt an den Gründerinnen und Gründer unserer Partei: In Friedens- und Umweltgruppen, die in der DDR meist im Schutze der Kirchen entstanden, arbeiteten sie sich an Anspruch und Wirklichkeit des DDR-Antifaschismus ab. Formelhaft erstarrt und zum Herrschaftsinstrument degradiert, war er für sie nicht zu gebrauchen. Statt den Antifaschismus zu verwerfen entschlossen sie sich aber, ihn der SED zu entziehen. Denn für sie und selbstverständlich auch für uns ist klar: Antifaschismus, also die Ablehnung eines Systems, das sich auf Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus und Gewalt gründet, kann und darf nicht Legitimation für eine andere Diktatur sein. Er muss immer mit der Verteidigung demokratischer Werte einhergehen.
Mit diesem Verständnis von Antifaschismus waren unsere und eure Parteigründerinnen und -gründer trotz der zeitlichen Distanz nahe beieinander. Wir glauben und hoffen, dass wir mit Euch zumindest in der zugrunde liegenden Haltung auch heute noch einig sind und sehen es als einen Ausgangspunkt, auf den sich unsere Zusammenarbeit gründet – mit welchem Begriff ihr es am Ende beschreibt überlassen wir gerne Euch.
In diesem Sinne noch einmal herzlichen Glückwunsch und auf gute Zusammenarbeit,
Christin Furtenbacher Norman Volger.
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